Was Sie Über Konflikte

Wissen Sollten

Nicht jene, die streiten, sind zu fürchten, sondern jene, die ausweichen.

Marie von Ebner-Eschenbach

Mit diesem Satz hat Marie von Ebner-Eschenbach alles gesagt, was Sie über Konflikte wissen müssen.

Was sind Konflikte – und was nicht?

Bevor wir uns näher mit Konflikten beschäftigen, sollten wir erst einmal klären, was sie nicht sind.

Konflikte sind keine Meinungsverschiedenheiten, Streitereien oder fachlichen Auseinandersetzungen.

Sollten Sie als Führungskraft Bedenken haben, einem Mitarbeiter oder einer Mitarbeiterin negatives Feedback zu geben, haben Sie ebenfalls keinen Konflikt. Es sei denn, Sie sind einerseits der Meinung, dass das negative Feedback angebracht ist und andererseits der Meinung, Sie sollten nicht so kleinlich sein und bedenken, wie verlässlich Ihr Teammitglied normalerweise ist. Dann können Sie von einem intrapersonalen Konflikt sprechen – also einem, den Sie mit sich selbst haben.

DAUMENREGEL

Zur Unterscheidung zwischen Konflikten und anderen Arten von Meinungsverschiedenheiten können Sie eine einfache Daumenregel verwenden. Handelt es sich bei Ihrer Auseinandersetzung um ein klärendes Sommergewitter oder einen nicht enden wollenden Nieselregen?

Bei einem Sommergewitter kracht es. Danach klärt die Luft auf, ist plötzlich wieder frisch und alle sind froh, weil die Schwüle wie weggeblasen ist und am Himmel ein fröhlicher Regenbogen erstrahlt. Bei Streitereien, Meinungsverschiedenheiten und anderen Auseinandersetzungen ist es ähnlich. Sie werden zwar nass, aber in Wirklichkeit sind Sie froh, dass das Thema endlich angesprochen und bereinigt wurde.

Ein Nieselregen ist anders. Es gibt zwar Gewitter, die fallen jedoch nicht ins Gewicht. Es regnet einfach vor sich hin. Und irgendwann ist genug Regen gefallen, um Flüsse über Ufer treten und Muren abgehen zu lassen. Dieses Bild entspricht einem Konflikt wesentlich besser. Auch bei einem Konflikt passiert oft lange Zeit nichts. Manchmal ist es für die Konfliktparteien schwierig einen Zeitpunkt festzumachen, an dem es losgegangen ist. Aber frühe oder später eskaliert die Situation. Und dann haben Sie ein echtes Problem.

Konflikte, Eskalationsstufen und Lösungen

Konfliktphasenmodelle unterscheiden generell vier Phasen, nämlich

  1. die Anbahnung,
  2. die Rationalisierung,
  3. die Emotionalisierung und
  4. den offenen Kampf.

Wollen wir Konflikte im Detail analysieren, nehmen wir die bahnbrechenden Arbeiten von Friedrich Glasl zu Hilfe. Er hat Konflikte und Konfliktdynamiken analysiert, beschrieben und handhabbar gemacht. Seine neun Eskalationsstufen sind die Basis jeder Konfliktanalyse (Glasl, Friedrich (2024, 13. Aufl.): Konfliktmanagement. Ein Handbuch für Führung, Beratung und Mediation; Freies Geistesleben 2024).

Allgemeines zu den 9 Eskalationsstufen

Glasl unterscheidet 9 Eskalationsstufen (bzw. Konfliktstufen).

Win – Win: auf den Stufen 1 bis 3 sind üblicherweise gute Lösungen möglich. Oftmals ist keine Mediation nötig.

Win – Lose: die Stufen 4 bis 6 sind wesentlich herausfordernder. Gute Lösungen sind nur noch mit der Hilfe von Mediator:innen zu erreichen.

Lose – Lose: auf den Stufen 7 bis 9 sind gute Lösugen sehr schwierig zu erreichen. Meistens kommt es zu keiner Einigung. Die Entscheidung liegt dann nicht mehr bei den Konfliktparteien, sondern wird von außerhalb getroffen (z.B. durch Vorgesetzte oder Gerichte).

Win - Win: die Stufen 1 bis 3

Stufe 1: Verhärtung: Meinungsverschiedenheiten und Streitereien gehören zum Leben dazu. Problematisch wird es erst, wenn Personen beginnen, sich in ihrer Position einzugraben. Die Standpunkte verhärten sich. Zumindest einer Konfliktpartei ist bewusst, dass es Spannungen gibt. Es besteht allerdings noch die Annahme, dass sich das Problem durch Gespräche gut lösen lassen wird. Kooperation ist wünschenswerter als Konkurrenz.

Stufe 2: Debatte/Polemik: Auf der zweiten Eskalationsstufe beginnen die Zuschreibungen von Sympathie und Antipathie. Es kommt zu den ersten Unterstellungen und Unterschiede werden jetzt überbetont. Das klassische Schwarz-Weiß-Denken setzt ein. Auf dieser Stufe kommt es zu ersten verbalen Attacken (das klingt jetzt gefährlicher als es ist; typisch sind Schuldzuweisungen und untergriffige Aussagen). Fragt eine unbeteiligte Person, ob etwas nicht stimmt, wird abgelenkt. Es herrscht ein Verwirrspiel um die Frage, ob noch kooperiert werden kann oder nicht – dies trägt zur Steigerung der aggressiven Gefühle bei.

Stufe 3: Taten statt Worte: Ab hier beginnt es ungemütlich zu werden. Der Wunsch nach Kooperation gerät unter die Räder – jetzt wird auf konkurrierendes Verhalten gesetzt. Gleichzeitig nimmt die Gesprächsbereitschaft ab und die Konfliktparteien beginnen einander aus dem Weg zu gehen. Da sie weniger miteinander reden, sind sie auf die Interpretation von nonverbalen Zeichen angewiesen. Hier kommt es regelmäßig zu Fehldeutungen. Die Rollen der Konfliktparteien beginnen sich auszuformen und der Meinungsdruck (im Sinne von „ich habe Recht“ oder „ich kann mir das nicht gefallen lassen“) steigt. Das Problem erscheint mittlerweile unlösbar. Auf dieser Stufe kann ein Konflikt chronifizieren und dann über Jahre und sogar Jahrzehnte bestehen bleiben.

In diesen ersten drei Phasen des Konflikts wäre eine Lösung im Sinne aller Beteiligten gut möglich. Allerdings fehlt hier üblicherweise die Erkenntnis, in einer Konfliktsituation zu sein. Insbesondere Beobachter von außen nehmen nur die gelegentlichen Streitereien wahr und erkennen noch nicht, dass sich die Beziehungsebene der Konfliktparteien zu verändern beginnt.

Win - Lose: die Stufen 4 bis 6

Stufe 4: Images und Koalitionen: Ab hier wird es schwierig. Das Selbstbild ist stark positiv, während das Fremdbild ebenso stark negativ ist. Es kommt immer öfter zu self-fulfilling-prophecies – die Konfliktparteien manövrieren einander wechselseitig in negative Rollen und bekämpfen diese dann. Ihnen ist nicht mehr bewusst, dass ihr eigenes Verhalten das unerwünschte Verhalten der anderen Seite erst provoziert. Der Konflikt beginnt sich auszuweiten. Es werden Koalitionspartner:innen gesucht, welche die andere Seite ebenso negativ sehen und gewillt sind, ihre Unfähigkeit zu beweisen. Auf dieser Stufe wird die Bildung erster Grüppchen sichtbar.

Stufe 5: Gesichtsverlust: Auf der fünften Eskalationsstufe wird die moralische Integrität der gegnerischen Partei infrage gestellt. Jetzt wird es persönlich. Die Ablehnung und Abwertung bezieht sich nicht mehr ausschließlich auf das Verhalten einer Person, sondern auf diese Person selbst. Dazu steigt der Wunsch, die zugeschriebene Verwerflichkeit öffentlich zu machen und die Person zu überführen. Gleichzeitig beginnen sich die Streitpunkte zu Ideologien zu verfestigen. Die Konfliktparteien haben mittlerweile genug Verbündete, um es sich in ihrer Bubble gemütlich zu machen und keine andere Meinung mehr zuzulassen.

Stufe 6: Drohstrategien: An diesem Punkt beginnen die Konfliktparteien, sich jeweils selbst unter Zugzwang zu setzen. Der gegnerischen Partei wird offen gedroht – und irgendwann muss diese Drohung in Taten umgesetzt werden. Sonst wird sie ja nicht ernst genommen. Wir sprechen hier allerdings nicht von gefährlichen Drohungen, sondern eher von Wenn-Dann-Ankündigungen („wenn die das noch einmal macht, dann wird sie sich wundern“). Als Führungskraft muss Ihnen klar sein, dass die Konfliktparteien möglicherweise beginnen, das Wohl der Firma bei ihren Aktionen außer Acht zu lassen. Gehen Sie davon aus, dass es hier zu Kollateralschäden kommen kann.

Sie sehen, dass es hier bereits sehr heftig zugeht. Als Führungskraft sollten Sie ab der vierten Stufe nicht mehr versuchen, einen Konflikt selbständig zu lösen. Selbst wenn Sie nicht beteiligt sind, werden Sie doch betroffen sein. Damit kann Ihnen jede Handlung als Parteinahme ausgelegt werden. Es ist sinnvoller, sich an dieser Stelle Expertenhilfe zu holen.

Lose - Lose: die Stufen 7 bis 9

Stufe 7: Begrenzte Vernichtungsschläge: Ab der 7. Stufe läuft der Konflikt völlig aus dem Ruder. Die Konfliktparteien beginnen, einander absichtsvoll zu schaden. Als Gewinn wird jede Aktion verbucht, die der eigenen Seite weniger schadet als der anderen. Das Finden von Möglichkeiten, der anderen Partei zu schaden (ohne selbst verdächtigt zu werden), frisst viel Zeit und Energie. Damit müssen am Ende alle als Verlierer vom Feld gehen. Die martialische Sprache ist übrigens absichtlich gewählt. Dieser Konflikt ist kein Spiel mehr, sondern artet in einen Kampf aus.

Stufe 8: Zersplitterung: Schön langsam geht es ums Ganze. Die gegnerische Seite soll zur Kapitulation gezwungen werden. Angriffe sollen ihre Handlungsfähigkeit unterminieren und sie beschädigen. Dazu gehören auch die Trennung von Unterstützer:innen und die symbolische Zerstörung durch Vernichtungsaktionen. Schäden werden saldiert. So lange das eigene Saldo nicht negativ ist, wird gekämpft.

Stufe 9: Gemeinsam in den Abgrund: Jetzt ist der Punkt erreicht, an dem es kein Zurück mehr gibt. Eskalierte Konflikte im Büro laufen völlig aus dem Ruder. Die Konfliktparteien agieren ohne Rücksicht auf Verluste und nehmen ihre eigene totale Vernichtung (gesellschaftlich, beruflich, finanziell, psychisch) in Kauf. Mittlerweile wird nicht einmal mehr Rücksicht auf das private Umfeld genommen. Hauptsache, die andere Seite leidet. Glasl spricht hier vom „wechselseitigen Selbstmord“ – eleganter kann man es nicht auf den Punkt bringen.

Was dramatisch klingt, ist auch ein wahres Drama. Eskalieren Konflikte im Büro so weit, hat es ernsthafte Konsequenzen für die Beteiligten. Entlassungen sind eine Möglichkeit, manchmal kommt es sogar zu Gerichtsverfahren. Diese und ähnliche Konsequenzen werden unter dem Begriff „Machteingriff von außen“ zusammengefasst.

Konfliktmanagement macht Sinn

Die Eskalationsstufen nach Friedrich Glasl zeigen wunderschön, wie wichtig ein konstruktiver Umgang mit Konflikten ist. Auch wenn es auf den ersten Blick unmöglich erscheint – es passiert regelmäßig, dass Konflikte im Unternehmensumfeld bis zur neunten (!) Stufe eskalieren. Was das für Unternehmen und die Betroffenen (ja, hier geht es nicht mehr nur um die Beteiligten) bedeutet, überlasse ich Ihrer Fantasie.

 

IHRE MÖGLICHKEITEN

Was können Sie also tun?

 

  1. Analysieren Sie, wo und weshalb es in Ihrem Unternehmen zu Konflikten kommt.
  2. Schaffen Sie ein Bewusstsein für die Unterschiede zwischen Streitereien und Konflikten.
  3. Schulen Sie Ihre Führungskräfte und Mitarbeiter:innen im Erkennen und Lösen von Konflikten.
  4. Etablieren Sie eine konstruktive Konfliktkultur – Konflikte lassen sich nicht verhindern, aber managen.
  5. Scheuen Sie sich nicht, externe Hilfe in Anspruch zu nehmen. Und zwar spätestens ab der Eskalationsstufe 4.

Wie läuft die Zusammenarbeit mit mir ab?

Wir starten mit einem 30-minütigen Erstgespräch, in dem wir abklären, ob Ihre Anforderungen und mein Angebot grundsätzlich zusammenpassen. Können wir uns eine Zusammenarbeit vorstellen, analysieren wir Ihre Bedürfnisse im Detail.

Darauf aufbauend erstelle ich ein maßgeschneidertes Konzept für Sie. Egal, ob Sie zuerst einmal ein Bewusstsein für das Thema schaffen wollen oder gleich in die Lösungsfindung gehen: mit den passenden Trainings, Coachings und Beratungen schaffen wir die perfekte Grundlage für die Weiterentwicklung Ihres Unternehmens.

Falls Sie noch Fragen im Vorfeld haben, schicken Sie mir gerne eine Nachricht.

Oder werfen Sie noch einen Blick auf die Angebotsseiten:

Coaching

Training

Beratung